» Der Recycelte Journalismus und das Internet Manifest

am: 08.09.2009
von: Andreas
in: Allgemeines

Ich kam gestern nicht dazu Online zu sein und staunte daher heute nicht schlecht, als ich eine Email von einem Freund erhielt der als einzigen Satz “Les Dir mal den Kram da durch” beinhaltete. Darunter befand sich eine Webadresse zu einem Internet Manifest. In diesem Internet Manifest werden 17 Behauptungen aufgestellt, wie der Journalismus von Heute angeblich funktionieren würde. Als ich das Internet Manifest zu Ende gelesen hatte, konnte ich nur noch mit dem Kopf schütteln. Ich halte dieses verfasste Internet Manifest nicht für das, was es versucht einem vorzugeben.

 

17 Behauptungen ohne Fakten und Quellen

Internet-Manifest

Man mag es gar nicht wirklich fassen wollen. Da wird in den ganzen Manifest von gutem und schlechten Journalismus gesprochen und dennoch schafft man es nicht, eine einzige Quelle oder Fakten für seine 17 Behauptungen zu erbringen. Hier scheint man es wirklich mit echt guten Journalismus zutun zu bekommen ;) Spielt man aber selber für ein paar wenige Minuten Journalist, recherchiert selbstständig ein paar Fakten zu den 17 Behauptungen, bekommt man schnell eine Ahnung, was dieses Manifest wahrscheinlich bewirken soll. Viele Behauptungen sind regelrecht unvollständig in Ihrer Angabe. Es werden scheinbar Informationen zu bestimmten Behauptungen verschwiegen, die bestimmte Sachverhalte in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen würden. Je genauer man sich mit diesem Manifest befasst, umso mehr gewinnt man den Eindruck, das dieses Manifest unbedingt eine große positive Reaktion in der breiten Masse verursachen sollte, ja, diese sogar vielleicht in Ihrer Meinung beeinflusst werden sollte. Das ganze Manifest gleicht einer Mixtur aus Aussagen der Piraten Partei, Internet Anarchie und Zensurfreiheit. Also alles gängige Schlagworte, auf die in letzter Zeit die breite Masse gerne angesprungen ist. Guter (besserer) freier unabhängiger Journalismus ist hier die Message. Doch der schöne Schein trügt.

 

Geht es um besseren freien Journalismus oder doch nur ums Geld?

Nach Ansicht der Verfasser sind die Medien dazu verpflichtet, sich den Gegebenheiten anzupassen (Punkt 1) und mit der verfügbaren Technik auch neue journalistische Produkte sowie Methoden zu ermöglichen. Doch was ist mit neuen Methoden und Produkte gemeint? Damit ist Punkt 8 gemeint und den sollte sich jeder mal ganz in Ruhe mehrmals durchlesen. Dann versteht Ihr auch den Zusammenhang zu Punkt 1.

In Punkt 1 wird z.B. nicht erwähnt, das die Medien bekanntlich Ihre publizierten Inhalte der Öffentlichkeit, zumeist kostenlos zum Lesen zugänglich macht. Daraus schöpfen natürlich auch Online Journalisten. Wie dann der in Punkt 1 erwähnte “bestmöglichen Journalismus” aussieht, wissen die meisten. Da wird ein Bericht von Spiegel-Online, Heise oder einer Tageszeitung aufgegriffen, neu formuliert, die eigene Meinung mit reingepackt und fertig ist der Bericht zum Thema. So sieht zur Zeit dieser bestmöglicher Journalismus in den bekannten Blogs aus. Alles noch ordentlich umrahmt von Bannern und Google Adsense.

Die Medien haben nun sich vor nicht allzu langer Zeit darüber beklagt, das deren News und intensiv recherchierten Stories, von zahlreichen Journalisten Bloggern wiederverwertet und für eigene sowie kommerzielle Zwecke benutzt werden. Alle verdienen da dran, nur die eigentlichen Urheber nicht und das wollen die sich auf dauer nicht gefallen lassen zumal dies eine Existenz Bedrohung darstellt (ständig fallende Auflagezahlen). Es wird eine Nachbesserung des Urheberrechts angestrebt, um diese besser vor Recycling Journalismus zu schützen. In Zukunft könnte es also für Recycling Journalisten heißen, recherchiert selbst oder entlohnt den Urheber mit einem kleinen Betrag für seine Mühe. Meiner Meinung nach, keine schlechte Idee denn so wäre den selbsternannten Journalisten mal die Grenzen aufgezeigt und dem guten Journalismus mit eigenes recherchierten Inhalt, wieder mehr Raum geboten. Aber genau darüber macht man sich scheinbar sorgen was man in Punkt 12 gut nachlesen kann und in Punkt 13 nochmals indirekt nachgelegt wird. Das sehen die Verfasser von dem Internet Manifest eben irgendwie ganz anders. In Punkt 8 hat man das dann schön in Ihrer Linkargumentation versteckt:

…Referenzen durch Verlinkungen und Zitate – auch und gerade ohne Absprache oder gar Entlohnung des Urhebers – ermöglichen überhaupt erst die Kultur des vernetzten Gesellschaftsdiskurses und sind unbedingt schützenswert.

Die Aussage ist ziemlich klar, keine Entlohnung des Urhebers. Es geht eben doch nur ums Geld (Punkt 14). Seltsam, Eure todschicken iPhones und iPods wollen ja auch mit neuen Songs versorgt werden. Die bezieht Ihr sicherlich aus iTunes und Konsorten und bezahlt für diese digitalen Medien. Warum wird in dem Fall der Urheber fair entlohnt und im anderen Fall soll das nicht so sein? Von einem profitiert Ihr (oder verdient indirekt), von anderem aber nicht. Kann mir das mal einer von Euch erklären? Oder kann ich bei schweigen davon ausgehen, das Ihr selber gar nicht in der Lage seit, den Wert einer Information, News oder Berichtes einzuschätzen?

 

Zensurfreies Internet – Es ist Deine Zeit!

Punkt 4 halte ich besonders in diesem Manifest für sehr Fragwürdig. So haben einige der im Manifest genannten Blogger, ein riesen Theater gegen Zensur im Internet (Zensursula) veranstaltet was auch vollkommen in Ordnung und nachvollziehbar war. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch etliche von den Deutschen Top Blogs in meinem Feed Reader. Ein paar Wochen nachdem der Protest gegen die Internetzensur beendet war, kam es zu einem herben Vertrauensbruch zwischen einigen Blogs und deren Leser. Der Grund war, ein geschaltetes Werbebanner eines großen Telekommunikationsanbieter. Genau dieser hatte allerdings als erstes die Vereinbarung der Internetzensur unterzeichnet und unterstützt. Im Endeffekt, unterstützte und förderte man genau das, wofür man noch zuvor hart gegen angekämpft hatte. Das dann noch in der Werbung ein halbwegs bekannter Deutscher Blogger mitwirkte und zudem weitere Funktionen der Werbeaktion hatte, führte zum Schluss zu einem regelrechten Debakel. Die Glaubwürdigkeit war dahin.

 

Eine Frage der Link Ehre

In Punkt 7 und 8 wird über die Wichtigkeit des Verlinken geschwafelt geschrieben und wie immens wichtig diese für Blogs und gutem Journalismus sind und welch wichtiger Bestandteil diese doch selbst für Kultur und Gesellschaft haben. Links sind wichtig!

Aha, super, alles schön und gut. Aber bitte, Ihr Internet-Welt-Verbesserer, erklärt mir doch mal folgendes. Wenn Euch das tatsächlich so wichtig ist warum haben dann alle in dem Internet Manifest aufgeführten Blogs, die Kommentare mit Nofollow versehen obwohl es schon lange bekannt ist das diese dann von den Suchmaschinen als wertlos und dementsprechend nicht verfolgt werden? Selbst bei den kleinsten Blogs gilt das als absolutes Unding und es gab zahlreiche erfolgreiche Kampagnen die darüber Informiert haben und die ganz sicherlich nicht an Euch vorbei gegangen sind!

Warum hat denn keiner von den genannten Blogs an dem Blogday2009 teilgenommen?  Wurde ebenfalls schlicht ignoriert. Meine Meinung: Lernt erst einmal selber wieder richtig zu verlinken und den Linkgeiz einzustellen und dann könnt Ihr wieder die Klappe aufreißen uns wieder versuchen zu belehren. Schaut Euch das mal bei den kleineren Blogs an, da seht Ihr wie gut das Funktionieren kann. Ich gehe seit kurzem sogar so weit, das ich die Links mit einem Anchor Text versehe damit der Link für den anderen richtig Effektiv ist.

 

Was übrig bleibt

17 Behauptungen in einem Internet Manifest über die angebliche Funktionsweise des heutigen Journalismus und kein einziger Quellennachweis oder Beweise für Ihre Behauptungen. Soll man das dann noch tatsächlich ernst nehmen? Geht es hier nicht eigentlich nur darum, mit Hilfe dieses Internet Manifestes, die Öffentlichkeit auf seine Seite zu ziehen und dadurch mehr Druck ausüben zu können bezüglich der Nachbesserung des Urheberrechtes? Sollte nämlich die Nachbesserung zugunsten der Urheber ausfallen, und danach sieht es zur Zeit aus, brechen schwere Zeiten für den Recycelten Journalismus an. Der Leser hat aber dadurch keine Einschränkungen zu erwarten. Also hat man sich da was Einfallen lassen.

 

Mich persönlich störte besonders die fehlenden Quellenangabe und die Unterschlagung das Auslassen wichtiger Fakten die doch einige Behauptungen in einem ganz anderem Licht erscheinen lassen und somit sicherlich zur der einen oder andere Diskussion geführt hätte. Gar nicht so im Sinne eines echten Journalisten, oder? Es hat auch fast den Anschein, als wollte man genau das Vermeiden. Ich kann mich diesem Eindruck einfach nicht verwehren. Daher trifft in meinen Augen Punkt 16 sowie 17 ganz sicher nicht auf die Verfasser dieses Manifestes zu. Ich kann nur hoffen, das sich der Sache ein neutraler Journalist annimmt und die tatsächlichen Hintergründe komplett Aufdeckt. Steckt wahrscheinlich doch mehr Hinter als man eigentlich zugeben mag.

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